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Kulturzentrum BÜZ Minden, 09. April 2005

"Hiss"-torisches Konzerterlebnis
"Polka für die Welt" fand begeistertes Publikum im BÜZ / Rundes Konzert

Hiss im BÜZ Minden Hiss im BÜZ Minden
Sollten am Samstagabend völlig unbedarfte Zuschauer den Weg ins BÜZ gefunden haben, wird ihnen angesichts des ersten optischen Eindrucks zunächst ein Schreck in die Glieder gefahren sein: Was ist das denn? Eine Trachtenkapelle im BÜZ? Und dann noch Polka? Also verrückte und verkehrte Welt?

Für die Band um Sänger und Namensgeber Stefan Hiss zumindest eine Welt, die sie nach eigenen Aussagen zehn lange Jahre bis ins Detail bereisten. Viel Blut und Tränen hätten sie vergossen sowie alle Illusionen verloren. Sprach's und legte zur Selbstheilung mit der ersten schmissigen Polka los. Für diese Musikrichtung schlägt das Herz der fünf Musiker, doch schnell stellte man fest, dass man Polka nicht einmal mögen muss, um Hiss zu lieben.


Stefan Hiss Was immer diese Band auch bereist haben mag, Absurdistan scheint ein zentraler Anlaufpunkt gewesen zu sein. Allein der optische Eindruck: ein Sammelsurium von Kleidungsstücken, die man nur vom Kostümball oder von alternden Tanzbands kennt. Dazu eine lässig immer haarscharf am Musikantenstadl vorbei schrammende Bühnenpräsenz, angeführt von einem Stefan Hiss, der alle möglichen Rollen in sich zu vereinen scheint: Showmann, Prediger, natürlich Kapellmeister und eine Art Peter Lustig für Erwachsene, der dem unerfahrenen Publikum nebenbei großzügig die Welt erklärt.

Doch bei Hiss ist nicht alles nur Show, sondern reichlich gute Musik dabei. Denn wenn sie von Polka reden, dann legen sie das sehr variabel aus. So hörte man bluesige Traurigkeit, lateinamerikanische Hitze, den Schwulst des Schlagers, oder orientalische Ferne: Langweilig wurde es nie. Und wenn man das trotzdem nicht so richtig mochte? Allein textlich reichte das Programm dazu aus - wenn schon nicht das Tanzbein, dann wenigstens - das Zwerchfell in einen dauerhaften Bewegungszustand zu versetzen.


Stefan Hiss Stefan Hiss
Pointen in den Songs
Mit gerade teuflischer Grandezza kündigte Stefan Hiss wahlweise Ausflüge ins Romantiksegment, in die Welt des finnischen Skisprungs oder die morbide Friedhofswelt an, dabei selten mal eine Miene verziehend und mit der Coolness eines aufgeblasenen Vorstadtcasanovas, dass man allein schon während der Ansagen schwer an sich halten konnte. Die Pointen in den Songs rissen einen dann teilweise endgültig zu Boden: Aus dem Liebeslied erklangen plötzlich die wenig zarten Worte "Fass mich nicht an, glaube mir, ich bin nicht dein Mann". Aus pathetischen Anfängen wie "Es war der Morgen nach dem Sturm" generierten Hiss mal eben die Geschichte "So wie du traf mich noch keine" einer äußerst schmerzhaften Begegnung mit einer ziemlich schießwütigen Frau.


Michael und Patch Stefan, Volker, Thomas Auch musikalisch war alles rund. Paul Pachler am Stehschlagzeug und Volker Schuh am Bass - dessen tapsige Ausflüge an den vorderen Bühnenrand immer wieder für Erheiterung sorgten - bauten das schwungvolle treibende Fundament, auf dem sich Thomas "King" Grollmus an der Gitarre, Michael "Roy" Roth an der Harp und natürlich Stefan Hiss am Akkordeon musikalisch richtig austoben konnten. Stefan Hiss' Gesang bot je nach Situation die nötige Kälte, den angemessenen Spott, aber auch den süßlichen Schwulst.


Hiss im BÜZ Minden Publikum im BÜZ Dass in Minden zugleich Kneipennacht war, hat man nicht gemerkt. Das BÜZ war voll, und das Publikum quetschte einige Zugaben aus der Band heraus.
Polka für die Welt? Aber nur wenn Hiss wiederkommen.


Vielen Dank an Andreas Schöneberg - www.mediensalat.de - für die Worte und Bilder!
Originalartikel freigegeben durch den Autor. Am 12.04.2005 im Mindener Tageblatt veröffentlicht.

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